Intersektionalität ist ein Begriff, der vor allem in Zusammenhang mit der Erforschung von sozialer Ungleichheit (und deren Bekämpfung, z.B. durch Antidiskriminierungsgesetze) diskutiert wird. Ausgelöst wurde diese Diskussion durch Schwarzen Feministinnen in den USA in den 1970er Jahren. Sie betonten, dass ihre Probleme und Bedürfnisse in der Frauenrechtsbewegung nicht berücksichtigt wurden, da deren Forderungen nicht auf die Lebenslagen von Frauen eingingen, die sowohl von Sexismus als auch Rassismus betroffen sind. Diese Kritik führte zu weitreichenden Diskussionen in der Geschlechterforschung und das Konzept der Intersektionalität kann als Ergebnis dieses – nicht abgeschlossenen – Diskussionsprozesses gelten. Dabei geht es darum anzuerkennen, dass die Lebenssituation von Menschen durch unterschiedliche soziale Machtstrukturen beeinflusst wird. So ist ein Mensch nie nur „Frau“ oder „Mann“ (und damit entlang der herrschenden Geschlechterhierarchie unterschiedlich positioniert), sondern auch: „InländerIn“ oder „AusländerIn“, ErwachseneR oder Kind, wohlhabend oder arm etc. Diese und andere soziale Unterscheidungen schaffen Hierarchien, die Menschen privilegieren bzw. benachteiligen. Ein intersektionaler Zugang versucht, die „Überkreuzungen“ (Intersektionen) der unterschiedlichen Machtstrukturen in den Blick zu bekommen, um zu verstehen, welche Effekte diese haben und wo Strategien zur Veränderung von Machtstrukturen ansetzen können.
Intersektionalität führt zu Fragen wie:
Welche Bilder von „normaler“ und „abnormaler“ Weiblichkeit oder Männlichkeit gibt es (in den Medien, in Schulbüchern, Werbung etc.)? Beinhalten diese Bilder bestimmte Annahmen über Positionen entlang anderer sozialer Unterschiede als Geschlecht? (Z.B. wie jung ist eine „normale“ Frau? Welche Sexualität hat sie? Hat sie einen Job?)
Gibt es Machtunterschiede nur zwischen Männern und Frauen oder auch zwischen Frauen bzw. zwischen Männern untereinander? Wodurch entscheidet sich bei solchen „internen“ Hierarchien, wer privilegiert und wer benachteiligt ist? Wie hängen unterschiedliche soziale Unterscheidungen zusammen? Wie erklärt sich etwa der Zusammenhang zwischen Geschlecht und Einkommen?
Wie interagieren unterschiedliche Formen der Diskriminierung und welche Auswirkungen hat das auf die Lebenssituation von Menschen? Z.B. sind reiche Menschen anders von Rassismus betroffen als arme? Erfahren Frauen mit Migrationshintergrund andere Formen der Diskriminierung als Männer? Vor diesem Hintergrund: Welche Möglichkeiten gibt es, die unterschiedlichen Diskriminierungserfahrungen zu thematisieren und Strategien dagegen zu entwickeln? Auf welchen Ebenen könnten diese Strategien ansetzen? (Recht, Politik, Schulunterricht etc.)
07.11.2009