Epistemologisches Weltcafé

Aktivität

  • Methode: Weltcafé. Das Weltcafé ist eine verbreitete Workshop-Methode, die Teilnehmenden ermöglicht, zu unterschiedlichen Themen anregende Gespräche zu führen. Im Folgenden ist diese Methode für die Diskussion epistemologischer Fragen im Schulkontext aufbereitet.
  • Zeit für die Durchführung: 80 Minuten
  • Vorbereitung: je zwei Tische zusammenschieben und mit möglichst großem Papier/ Flipchart belegen. In die Mitte werden die vorab ausgedruckten Hauptfragen geklebt. *Materialien: Flipchartpapier, Hauptfragen, weiterführende Fragen für Gastgeber_innen (als Druckvorlagen), Moderationstipps, Gong o.ä. zum Ankündigen, wenn der Tisch gewechselt wird, Stifte.

Ziele:

  • Thema gemeinsam erarbeiten
  • Interesse an epistemologischen Fragen wecken
  • Fragen aufwerfen und anregen
  • Eigenständiges diskutieren lernen: zuhören, argumentieren, moderieren

Ablauf:

Bei der Weltcafé-Methode werden verschiedene Themen in Kleingruppen besprochen. Dabei gibt es verschiedene Tische zu jedem Thema. Mindestens eine Person übernimmt jeweils die Rolle der Gastgeber_in und moderiert das Gespräch. Nach ca. 10 Minuten wechseln die Kleingruppen auf ein Signal hin den Tisch und setzen sich mit dem Thema des nächsten Tisches auseinander. Die Tische werden mit möglichst großem Papier ausgelegt, auf diesen werden Gedanken und Fragen aus den Diskussionen festgehalten. Daran können sich alle Teilnehmenden beteiligen. Auf die Anregungen der vorangegangenen Gruppe können und sollen sich die nächsten Gruppen beziehen.

  • Einleitung: 10 Minuten, kurze Einführung darüber, was Epistemologie ist. Es gibt auf epistemologische Fragen nicht eine richtige Antwort. In der Philosophie und Wissenschaftstheorie finden sich vielmehr sehr unterschiedliche Positionen zu diesen Fragen. In dieser Übung geht es darum, verschie- dene Positionen zu ergründen und miteinander neue spannende Fragen zu finden. Moderationstipps und Nachfragemöglichkeiten für alle werden erläutert.
  • Anleitung und Vorbereitung: 10 Minuten, vier Kleingruppen mit vier bis fünf Personen, vier bis acht Gastgeber_innen. Einteilung nach Zufallsprinzip, damit die Gruppen durchmischt sind. Gastgeber_innen freiwillig melden lassen. Während die Tische von den Teilnehmenden arrangiert werden, wird mit den Gastgeber_innen ein klärendes Gespräch geführt, indem deren Rolle und Aufgabe besprochen, die Hauptfragen geklärt und weiterfüh- rende Fragen ausgeteilt werden.
  • Tischdiskussionen: 30‘ (je 10‘ pro Tisch), Gastgeber_ innen bleiben sitzen und leiten die Diskussionen. Jede Gruppe soll Stichwörter/Gedanken/Fragen auf dem Papier hinterlassen. Nach zehn Minuten Gong läuten, die Gruppen wechseln die Tische im Uhrzeigersinn.
  • Präsentation und Besprechung der Tischdiskussionen: mind. 20‘

Hinweise: Da es eine anspruchsvolle Aufgabe für Schüler_innen ist, gleichzeitig inhaltlich zu moderieren und auf die Gesprächsführung zu achten, ist es ratsam, zwei Gast- geber_innen für jeden Tisch einzuteilen. Je nach Zeit können auch weniger Fragen behandelt werden, diese können dann gleichzeitig an mehreren Tischen diskutiert werden.

Diskussionsfragen:

Was ist Objektivität?

  • Gibt es „reine“ Fakten? Gibt es eine Wahrheit, die für alle gilt?
  • Wozu brauchen „wir“ Objektivität? Ist Objektivität erstrebenswert?
  • Müssen wir Gefühle und Körper ausschalten, um objektiv zu sein? Wären dann Roboter die objektivsten Wesen? Wie können Anschauung und Werte abgelegt werden? Ist das notwendig, um Objektivität zu erreichen? Ist das überhaupt möglich?
  • Kann die Wissenschaft neutral sein oder ist die Wissenschaft immer von den Werten ihrer Zeit geprägt? War die Wissenschaft im 18. Jahrhundert frauenfeindlich? Ist die Wissenschaft heute wertfreier als früher?

Inwiefern trägt die Wissenschaft zur Verbesserung der Welt bei?

  • Ist die Welt ein besserer Ort, seit es die Wissenschaften gibt? Was heißt ein guter Ort? Ist das Leben einfacher/ schöner/gewaltfreier geworden?
  • Inwiefern trägt die Wissenschaft zur Verschlechterung der Welt bei? Für wen ist die Welt ein besserer Ort geworden, für wen ein schlechterer?
  • Würdest du lieber in einer Welt ohne Wissenschaft leben? Wie würde die aussehen? Wie müsste die Wissenschaft beschaffen sein, damit die Welt ein besserer Ort wird?

Was ist eine Tatsache?

  • Gelten Tatsachen für alle Menschen? Für immer? Woher wissen wir, dass etwas eine Tatsache ist? Worin liegt der Unterschied zwischen Tatsachen und Glauben/ Meinungen/ Geschichten/ Spekulation?
  • Warum steckt in dem Wort „Tat-sache“ das Wort „tun“? Wer macht die Tatsachen? (Medien, Wissenschaft, Menschen – welche Menschen?)
  • Was kann überhaupt eine Tatsache sein? Können Gefühle Tatsachen sein? Was ist, wenn es keine Tatsachen gibt?

Inwiefern ist die Wissenschaft für ihre Entdeckungen verantwortlich?

  • Wer ist überhaupt „die Wissenschaft“? (Wissenschaftler_ innen, Institutionen, Geldgeber?)
  • Wem gegenüber kann Verantwortung übernommen werden? (wissenschaftlichen Idealen, Auftraggebern, Forschungsobjekten, allen, die davon betroffen sind, der Gesellschaft?)
  • Was kann es konkret bedeuten, Verantwortung zu übernehmen?
  • Wie spielen wirtschaftliche und politische Interessen in die Forschung hinein? (Wettbewerb, Förderungen, Weltan- schauungen?)
  • Ist Einstein für die Atombombe verantwortlich? Sind die Anatom_innen des 18. Jahrhunderts für die Vorbehalte gegen das Frauenwahlrecht verantwortlich?